Mit Würde dem Lebensende begegnen

Im Zusammenhang mit der letzten Lebensphase gibt es viele Herausforderungen, die uns mit existenziellen Frage konfrontieren. Sterbehilfe ist ein emotional aufgeladenes Thema. Es berührt grundlegende Fragen zu Ethik, Medizin und Selbstbestimmung. Die Schweiz ist eines der wenigen Länder, in denen der assistierte Suizid erlaubt ist. Die Sterbehilfe-Debatte wird von ethischen, kulturellen und religiösen Überzeugungen stark geprägt. Während manche Menschen das Leben als unantastbar ansehen, sehen andere in der Freiheit, selbst über das Lebensende zu entscheiden, einen Ausdruck menschlicher Würde. Was bleibt, ist die Frage: Wie wollen wir sterben?

Es gibt ein Recht auf Leben, aber keine Pflicht zu leben

Der Frauenbund sieht den assistierten Suizid als eine Möglichkeit von vielen, mit einem unerträglichen Leiden umzugehen. Es ist wichtig, dass der Mensch mit Sterbewunsch und seine Angehörigen über mögliche Alternativen informiert werden. Menschen mit einem unerträglichen, schwerwiegenden Leiden erachten den Suizid oft als die einzige Option. Wir anerkennen, dass der Sterbewunsch eines Menschen auch aus einem schwerwiegenden und unerträglichen Leiden resultieren kann, welches nicht in medizinischen Kategorien fassbar ist. Kein Mensch mit schwerwiegendem Leiden und Sterbewunsch soll sich selbst und der möglichen Verzweiflung überlassen werden. Nach der Überarbeitung seiner Position aus dem Jahr 2019 stellt der Verbandsvorstand neu das unerträgliche und schwerwiegende Leiden eines Menschen in den Fokus, also das von der betroffenen Person empfundene Leiden von Geist, Seele oder Körper. Dieser Perspektivenwechsel stellt die subjektive Wahrnehmung der eigenen Lebenssituation und des eigenen Sterbewunsches stärker in den Vordergrund. Ursachen für das Leiden können in allen Bereichen des menschlichen Lebens gefunden werden. Neben körperlichen und psychischen Symptomen können auch Einschränkungen im Alltag und in sozialen Beziehungen, Verluste sowie das Erleben von Sinn- und Hoffnungslosigkeit, entweder einzeln oder sich gegenseitig verstärkend, zu unerträglichem Leiden führen.

Wie steht der Frauenbund zum assistierten Suizid?

Wir sehen den Menschen als Ebenbild des Göttlichen und als Beziehungswesen mit Recht auf Leben und unveräusserliche Würde an. Daraus kann und soll keine Pflicht zum Leben abgeleitet werden. Für eine tragfähige Entscheidung müssen Menschen mit Sterbewunsch und deren Angehörige beraten und begleitet werden. Zudem sollten alternative Möglichkeiten für ein gelingendes Leben oder die Gestaltung des letzten Lebensabschnittes diskutiert werden. Damit niemand an seinem Leiden verzweifelt, ist es wichtig, das unerträgliche und schwerwiegende Leiden, das einem Sterbewunsch zugrunde liegt, weiter zu fassen. Neue Methoden wie die Suizidkapsel Sarco sollen reglementiert und in bestehende, bewährte Prozesse der Schweizer Sterbehilfe überführt werden.

Zum Nachdenken

Wer nicht persönlich oder durch Angehörige, Nahestehende oder Bekannte mit dem Sterben konfrontiert ist, denkt kaum an die letzte Lebensphase. Das SKF-Grundsatzpapier «Mit Würde dem Lebensende entgegen» aus dem Jahre 2011 regt zum Nachdenken an und zeigt verschiedene Möglichkeiten auf, die Handlungsfähigkeit zu bewahren. Die Begleitung eines schwer kranken Menschen ist für (pflegende) Angehörige und Freunde oft mit vielen Fragen und Herausforderungen verbunden. Der Ratgeber «Nahe sein bis zuletzt» des Theologen Urs Winter-Pfändler wird gratis an Betroffene und Interessierte in der Schweiz und dem Fürstentum Liechtenstein abgegeben. 

Sterbehilfe in der Schweiz

Das Gesetz unterscheidet zwischen verschiedenen Formen der Sterbehilfe.  Im Bereich des assistierten Suizids gilt gemäss Art. 115 des Schweizerischen Strafgesetzbuches (StGB): Nur wer «aus selbstsüchtigen Beweggründen» (z. B. wegen Aussicht auf eine Erbschaft) jemandem zum Selbstmord Hilfe leistet, wird bestraft. Wenn keine selbstsüchtigen Motive vorliegen, ist die Suizidbeihilfe (assistierter Suizid) nicht strafbar. In der Schweiz ist das Bundesamt für Justiz für Fragen der Gesetzgebung im Bereich Sterbehilfe zuständig. Strafrechtlich zu unterscheiden sind

  • direkte aktive Sterbehilfe
  • indirekte aktive Sterbehilfe
  • passive Sterbehilfe
  • Suizidhilfe (passive Sterbehilfe)
  • Palliativmedizin

Trotz der liberalen Gesetze in der Schweiz ist die Sterbehilfe verantwortungsvoll geregelt. Vorgaben wie die medizin-ethischen Richtlinien der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften SAMW und die der verschiedenen Sterbeorganisationen in der Schweiz gewährleisten eine gewissenhafte Prüfung des Sterbewunsches.