Päpstliche Diffamierung von Frauen
In einer Generalaudienz hat Papst Franziskus am 10. Oktober 2018 auf dem Petersplatz eine teilweise vom Blatt, teilweise frei gesprochene Rede gehalten. Darin thematisierte er auch den Schwangerschaftsabbruch, den er mit Auftragsmord verglich.
Der drastische Vergleich wurde in der in- und ausländischen Presse aufgegriffen und verbreitet. Auch wenn die «Tathandlung» in Vatikanstadt in Rom erfolgte, haben die Strafrechtlerin Nadine Zurkinden (links) und die Staatsrechtlerin Denise Buser untersucht, ob es sich bei diesen Aussagen um eine strafbare Ehrverletzung nach schweizerischem Recht handeln könnte, oder ob die Aussage des Papstes durch die Meinungsfreiheit gedeckt ist (sui generis).
In der Untersuchung werden die aufschlussreichen Soldaten-sind-Mörder-Urteile des deutschen Verfassungsgerichts herangezogen. Beim Zitat des Satirikers Kurt Tucholsky «Soldaten sind Mörder» stehen die (pazifistische) Kritik an Kriegsführung und dem damit verbundenen obligatorischen Militärdienst im Vordergrund. Demgegenüber wirft der Papst mit seinem Vergleich Frauen, die eine (straflose) Abtreibung vornehmen lassen, direkt ein strafbares (Anstiftung zum Mord), moralisch verwerfliches und feiges Handeln vor. Es kommt hinzu, dass sich der Papst als Oberhaupt einer Weltkirche äussert und kraft seines Amtes für sich in Anspruch nehmen kann, besser als andere Menschen zu wissen, was aus einer christlichen Perspektive heraus richtig und was falsch ist. Der Papst-Vergleich könnte deswegen die Ränder einer Ehrverletzung berühren. Allerdings schützen die strafrechtlichen Ehrverletzungsdelikte die individuelle Ehre. Diese Voraussetzung ist bei Ehrverletzungen, die gegen ganze Gruppen gerichtet sind, nicht ohne weiteres erfüllt.
Doch abgesehen von den juristischen Erwägungen ist es klar, dass der schockierende Vergleich des Papstes für Frauen (und diese unterstützende Männer) belastend ist und ihr Selbstbestimmungsrecht negiert. Man denke nur an eine Katholikin im Beichtstuhl, wenn der Papstvergleich "im Raum steht".
Nadine Zurkinden und Denise Buser
Nadine Zurkinden und Denise Buser
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