Frauenbund sagt «Ja, aber» zur BVG-Reform
Die Arbeit vieler Frauen führt heute zu unwürdig tiefen Renten. Am deutlichsten zeigt sich das in der beruflichen Vorsorge. Das Parlament hat am 17. März 2023 die Reform der beruflichen Vorsorge (BVG-Reform) verabschiedet. Am 22. September 2024 kommt es zur Volksabstimmung. Der Verbandsvorstand des Schweizerischen Katholischen Frauenbunds SKF unterstützt die Vorlage.
Gegen die Reform wurde das Referendum ergriffen. Die Reform zielt darauf ab, die Finanzierung der zweiten Säule zu stärken, das Leistungsniveau insgesamt zu erhalten, die Absicherung von in Teilzeit Erwerbstätigen und Menschen mit niedrigen Löhnen – und damit insbesondere von Frauen – zu verbessern.
BVG-Reform mit Kompromissen
Bei der BVG-Reform handelt es sich um eine komplexe Vorlage. So soll beispielsweise die Eintrittsschwelle gesenkt werden, aber es werden auch höhere Abzüge fällig und somit ein tieferer Nettolohn. Der Umwandlungssatz von 6,8 % im BVG-Obligatorium soll auf 6 % gesenkt werden, um die gestiegene Lebenserwartung zu kompensieren, aber dadurch werden die Renten effektiv gesenkt. Die grosse Mehrheit der Angestellten ist in Pensionskassen überobligatorisch versichert, weist also Lohnbeiträge und Leistungen auf, die über das gesetzliche Minimum hinausgehen. Von der BVG-Vorlage profitiert eine Minderheit in Form von höheren Renten, doch genau dies ist aus SKF-Sicht ein wichtiger Beitrag zur Solidarität. Ausserdem werden mit der BGV-Reform die Beitragssätze für ältere Personen gesenkt, wodurch sie für Arbeitgeber günstiger und somit attraktiver werden. Mehrfachangestellte profitieren von der tieferen Eintrittsschwelle.
Ja, aber…
Die geplante BVG-Reform weist verschiedene Elemente auf, die zum Ziel haben, die Situation von Frauen in der beruflichen Altersvorsorge durch höhere BVG-Gutschriften zu stärken. Die Vorlage ist für den SKF als realpolitischer Kompromiss zu betrachten. Dem Verbandsvorstand ist klar, dass die Vorlage nicht die grossen, visionären Veränderungen mit sich bringt, die es für umfassende Gleichstellung in der Altersvorsorge bräuchte. Bedauerlich ist besonders, dass die Vorlage keinen Teuerungsausgleich aufweist, womit die Pensionskassen-Renten weiter an Wert verlieren werden. Erfreulich ist: Mit der Reform bleiben neu nur noch 20 Prozent jedes Lohns unversichert – damit sind in Teilzeit Erwerbstätige und Niedrigverdienende, die überwiegende Mehrheit davon Frauen, deutlich besser versichert.
Frauen, stimmt ab!
Das Lager der Frauenorganisationen ist gespalten. Als Mitglied des Frauenbündnisses Altersvorsorge richtete sich der SKF bereits 2022 an den Ständerat und forderte eine BVG-Reform. Ein Jahr darauf organisierten die vier nationalen Frauendachverbände für ihre Mitglieder ein Webinar zur BVG-Reform. Im April 2024 schliesslich hat der Verbandsvorstand des SKF die Ja-Parole gefasst. Der SKF ruft seine 100'000 Mitglieder auf, sich mit der Vorlage auseinanderzusetzen, Pro- und Contra-Argumente zu studieren und sich eine Haltung zu erarbeiten, um am 22. September 2024 gut informiert über die BVG-Reform abzustimmen.
Kulturwandel für Care-Arbeit nötig
Ein zentraler Grund für die mangelhafte Altersvorsorge von Frauen ist die unzureichende, institutionelle Anerkennung unbezahlter Care-Arbeit. Während die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) als Sozialversicherung einen Ausgleich schafft, indem sie Betreuungsarbeit als rentenbildende Arbeit anerkennt, wird Care-Arbeit in der beruflichen Vorsorge (BVG) nicht berücksichtigt. Care-Arbeit bezeichnet alle Arten von Fürsorgearbeit, die darauf abzielen, das Wohlergehen und die Unterstützung anderer Menschen zu gewährleisten. Dazu gehören Tätigkeiten wie die Betreuung von Kindern, Pflege älterer oder kranker Menschen, Hausarbeit und emotionale Unterstützung von Familienmitgliedern oder anderen Personen. Es sind noch immer mehrheitlich Frauen, die die für unsere Gesellschaft so wichtige, unbezahlte Sorgearbeit leisten. Dazu treten viele Frauen beruflich kürzer, weisen Erwerbsunterbrüche auf oder reduzieren ihr Arbeitspensum dauerhaft, haben schlechtere Karrierechancen, tiefere Löhne, tiefere Renten und sind häufiger von Altersarmut betroffen. Um dem entgegenzuwirken ist es wichtig, dass Care-Arbeit als gesamtgesellschaftliche Aufgabe betrachtet wird und dass Männer mehr Verantwortung in Betreuung und Fürsorge übernehmen. Dies erfordert eine Veränderung der traditionellen Rollenbilder und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf für alle Geschlechter.
SKF Schweizerischer Katholischer Frauenbund
Der SKF Schweizerischer Katholischer Frauenbund ist mit 100‘000 Mitgliedern, 17 Kantonalverbänden und 540 Ortsvereinen der grösste konfessionelle Frauendachverband der Schweiz. Der SKF engagiert sich für die Rechte aller Frauen in Gesellschaft, Kirche, Wirtschaft und Politik. www.frauenbund.ch
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