Frauenbund fordert Kulturwandel
Der SKF begrüsst das Projekt zur Aufarbeitung des Missbrauchs in der katholischen Kirche Schweiz und fordert einen Kulturwandel, der alle missbrauchsbegünstigenden Faktoren konsequent angeht. Die kommunizierten Massnahmen auf nationaler Ebene, die die SBK, RKZ und KOVOS beschlossen haben, sind wichtig und richtig. Offen bleibt die Frage des Kulturwandels. Die Ergebnisse benennen ganz klar katholische Ideale, theologische Inhalte und Organisationsstrukturen als Faktoren, die Missbrauch und Vertuschung systematisch begünstigen.
Dazu gehören
- Klerikalismus, hier als von Geweihten empfundene eigene Überlegenheit gegenüber Nicht-Geweihten; ein Verhalten von Geitslichen, das primär ihre vermeintlich erhabene Definitionsmacht stärkt, anstatt wahrhaftiges Interesse am Volk Gottes zu offenbaren.
- Daraus resultierende Machtgefälle, die unter Umständen dazu genutzt werden, die eigene Macht gegenüber anderen Menschen für den persönlichen Lustgewinns zu instrumentalisieren.
- Eine Sexualmoral, die ungesund ist und sich im Pflichtzölibat für Priester widerspiegelt sowie in der Ächtung von bi- und homosexuellen Beziehungen allgemein und sexuellen Erfahrungen ausserhalb der Ehe.
- Korpsmentalität, die im Fall von Missbrauch die Wahrscheinlichkeit von Vertuschung erhöht und Täterschutz fördert.
- Damit einhergehend Männerbünde, die Gleichberechtigung und Umsetzung von Gleichstellungsmassnahmen zwischen den Geschlechtern erschweren.
- Fehlende Gewaltenteilung und die Zahnlosigkeit etlicher Gremien.
Speziell in der Schweiz zeigt sich auch, wie wichtig die Rolle kritischer Berichterstattung und zivilgesellschaftlicher Akteure ist. Viele Erkenntnisse zum Missbrauch und dessen Vertuschung sind nur ans Licht gekommen, weil Journalist:innen Druck ausüben und weil zivilgesellschaftliche Organisationen nicht müde werden, die systemischen und strukturellen Ursachen gebetsmühlenartig zu thematisieren.
Der SKF begrüsst, dass im Zentrum der Vorstudie die Strukturen stehen, die sexuellen Missbrauch von Minderjährigen und Erwachsenen ermöglichten und es erschwerten, diesen aufzudecken und zu ahnden. Es ist notwendig sich einzugestehen, dass es sich keineswegs um Einzeltäter, sondern um systemisches Versagen handelt. Dieses Versagen und dessen Vertuschung haben nicht nur den Betroffenen und ihren Angehörigen immensen Schmerz zugefügt, sondern auch Katholik:innen weltweit beschämt und getroffen.
Der SKF appelliert an alle Katholik:innen in der Schweiz sich für eine menschenzentrierte Kirche einzusetzen, anstatt eine klerikale Institution zu schützen. Dazu gehören in Anbetracht der Vorstudienergebnisse nicht nur Mut, um in die Zukunft zu blicken, sondern auch Demut vor dem Unheil der Vergangenheit.
Am 12. September wurden die Ergebnisse der Vorstudie zur «Geschichte sexuellen Missbrauchs im Umfeld der römisch-katholischen Kirche in der Schweiz seit Mitte des 20. Jahrhunderts» präsentiert. Ab Anfang 2024 folgt ein dreijähriges Forschungsprojekt. Das Pilotprojekt legt die Basis für künftige Forschung zur Geschichte sexualisierter Gewalt, die katholische Kleriker, kirchliche Angestellte und Ordensangehörige seit Mitte des 20. Jahrhunderts in der Schweiz ausgeübt haben.
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